Intern
Institut für Politikwissenschaft und Soziologie

Veranstaltungsbericht zum Vortrag „Geschlecht als Identitätskategorie in intersektionalen Machtverhältnissen“ von Prof.in Dr. Hanna Meißner

21.05.2025

Wie wird Geschlecht gemacht – und was hat das mit Macht, Kolonialismus und Care-Arbeit zu tun? In ihrem Vortrag am 09.04.2025 zeigte Prof.in Dr. Hanna Meißner, wie Geschlecht als soziale Konstruktion gesellschaftliche Ungleichheiten (re)produziert und mit historischen wie aktuellen Machtverhältnissen verwoben ist.

Der AK Gender möchte sich herzlich für den gewinnbringenden Vortrag von Prof.in Dr. Hanna Meißner am 09.04.2025 bedanken. Die Vortragende zeigte zunächst auf, inwiefern Geschlecht in der Vergangenheit als Kategorie im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Verhältnissen zu verstehen ist. Dabei wirken neben den gesellschaftlichen Faktoren auch bestehende Machtverhältnisse auf die Geschlechter. In der Geschlechterforschung wird zwar auf binäres Verständnis von Geschlecht und heteronormativen Beziehungen zurückgegriffen, jedoch muss dies vor dem Hintergrund einer Vergeschlechtlichung und genderbasierten Unterschieden, reflektiert werden. Dabei wird die Vergeschlechtlichung insofern deutlich, als dass gesellschaftliche Strukturprobleme in den Merkmalen der Geschlechter zum Ausdruck gebracht und so einzelnen Personen entsprechend ihres Geschlechts zugeordnet. Der Vortrag gliedert sich nachfolgend in drei Argumentationslinien:

Geschlecht als soziale Konstruktion

Hanna Meißner stellt innerhalb dieses Themas differenziert dar, inwiefern die soziale Konstruktion (doing gender) von Geschlecht zu unreflektierten Zuschreibungen für Frauen und Männer führen und so die gesellschaftliche Identität bestimmt wird. Die Geschlechterzuschreibung passiert vor dem Hintergrund einer rein binären Kategorisierung von Geschlecht und schließt somit andere Geschlechteridentitäten aus. Obwohl Studien nachweisen, dass Unterschiede der Geschlechter nicht natürlich vorgegeben sind, hat doing gender Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensbereiche. Insbesondere zur Zeit des Kolonialismus kommt der sozialen Konstruktion von Geschlecht eine Bedeutung zu, indem sie für rassistische Diskriminierung hinzugezogen wird.

Historische und gesellschaftstheoretische Forschung: Identität als Vereigenschaftlichung gesellschaftlicher Strukturprobleme

In dem zweiten Argumentationsstrang werden Fragen zu den Prozessen der Geschlechterdifferenzierung beleuchtet und so ein umfassendes Bild zu den Gründen und der Bedeutung dargestellt. Zur Beantwortung dieser Fragen ist es von zentraler Relevanz, historische und gesellschaftliche Entwicklungen hinzuzuziehen. So zeigen sich beispielsweise für die Moderne Transformationsprozesse der Geschlechterkodierungen, indem die Geschlechtervorstellungen eine neue Bedeutung zugeschrieben bekommen. Dabei werden die Geschlechterunterschiede auf körperliche Merkmale reduziert und die körperlichen Ausprägungen der Frau als unvollständig beschrieben. In der französischen Revolution erhalten die Frauen vor dem Hintergrund von Gleichheit keine Rechte als Staatsbürgerinnen. Außerdem können die Geschlechter entlang einer funktionalen Trennung voneinander abgegrenzt werden. So führt die Trennung von Haushalt und Erwerbstätigkeit dazu, die Hausarbeit als natürlichen Ausdruck weiblicher Fürsorge zu konstruieren und den Mann für den Erwerb verantwortlich zu machen.

Zur Aktualität von Geschlechtsidentität in intersektionalen Machtverhältnissen

Das Verständnis des Mannes als Ernährer der Familie wird v.a. innerhalb des Beamtentums etabliert, wobei es seit den 1970er Jahren an Aussagekraft verliert. Mit dem Adult-Worker-Modell ändern sich die beruflichen Strukturen insofern, dass auch die Frauen für den Erwerb verantwortlich sind. Diese Entwicklung bedarf jedoch weiteren Forschungs- und Diskussionsbedarf insbesondere in Debatten zur Care-Arbeit. Außerdem zeigt sich ein geschlechterabhängiges Bild der Bereiche, in denen Männer und Frauen tätig sind. Frauen arbeiten tendenziell eher in statusniedrigeren Positionen und in Teilzeit, wobei sie mehr unbezahlte Care-Arbeit verrichten. Diese Geschlechterunterschiede sind immer im Zusammenhang mit weiteren sozialen Ungleichheiten zu betrachten und davon abweichende Fälle sollten als Anlass verstanden werden, Veränderungen anzustoßen. Abschließend kann an dieser Stelle noch einmal der Aspekt der Binarität aufgegriffen werden, indem diese Diskussionen zur Geschlechtsidentität unter Einbezug aller Geschlechter erfolgen.

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