Sicherheitspolitisches Forum am Wittelsbacherplatz 2015 November
Die NATO vor neuen Herausforderungen – Deutschlands Rolle im veränderten sicherheitspolitischen Umfeld
Unter dem neuen Reihentitel „Sicherheitspolitisches Forum am Wittelsbacherplatz“ lud die Professur für Europaforschung und Internationale Beziehungen gemeinsam mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft am 12. November 2015 zur Podiumsdiskussion „Die NATO vor neuen Herausforderungen – Deutschlands Rolle im veränderten sicherheitspolitischen Umfeld“.
Die von Prof. Dr. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet geleitete Diskussion lockte 150 Gäste in das Forum am Wittelsbacherplatz. Nach der Begrüßung von Brigadegeneral a.D. Ernst-Otto Berk begannen die Diskutanten Generalleutnant a.D. Rainer Glatz und Parlamentarischer Staatssekretär a.D. Walter Kolbow mit ihren Eingangsstatements, in denen beide auf die besonderen Herausforderungen der aktuellen Krisen in der Ukraine und Syrien sowohl für die NATO als auch für Deutschland hinwiesen.
Ein Schwerpunkt der Diskussion war die Bedeutung des deutschen Parlamentsvorbehalts für ein gemeinsames militärisches Engagement der Bundesrepublik mit ihren europäischen und transatlantischen Partnern. Hier konnten beide Experten ihre Erfahrungen aus der Rühe-Kommission (Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr) einfließen lassen. Zwar habe die Kommission einige Anpassungen an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angemerkt, aber eine Abschaffung des Parlamentsvorbehalts sei nicht angedacht. Vielmehr würden auch die Partner Deutschlands in der Zustimmungspflicht des Bundestags kein grundsätzliches Problem sehen und zum Teil selbst an einer ähnlichen Form der Parlamentsbeteiligung arbeiten.
Auch bei den Beziehungen der westlichen Staaten zu Russland waren sich beide Redner einig: an Stelle der derzeit herrschenden Funkstille müssten Gespräche auf allen Ebenen wiederaufgenommen werden. Generalleutnant a.D. Glatz gab außerdem zu bedenken, dass selbst in den Hochphasen des Kalten Kriegs nie alle Kontakte abrissen, weil man wusste, dass nur Verhandlungen langfristige Stabilität bringen würden. Walter Kolbow, seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter selbst Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, brachte eine Wiederbelebung der Organisation als Verhandlungsplattform ins Spiel. Die dort etablierten vertrauensbildenden Maßnahmen würden den Schlüssel zu einer Normalisierung der Beziehungen zu Russland bilden.
Im abschließenden Block stellte Prof. Müller-Brandeck-Bocquet vor dem Hintergrund sehr niedriger Zustimmungswerte für einen Bundeswehreinsatz in Syrien die Frage, ob die NATO konkrete Pläne für ein militärisches Engagement in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land habe. Sowohl Rainer Glatz als auch Walter Kolbow verneinten die Frage, auch mit dem Hinweis, dass in der aktuellen Situation nicht klar sei, in welchem Verhältnis die über 100 Rebellengruppen zueinander stehen und welche Ziele sie verfolgen. Auf einer solchen Basis könnten die Risiken eines Einsatzes nicht eingeschätzt werden, weshalb ein militärisches Eingreifen maximal über Luftangriffe möglich sei.
Den traditionellen Weinausschank mit Häppchen im Anschluss an die Veranstaltung hatte wieder die „Fachschaftsinitiative Political and Social Studies“ durchgeführt. Bereits zum sechsten Mal konnte die Professur für Europaforschung und Internationale Beziehungen zusammen mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft eine Veranstaltung dieses Formats organisieren. Durch den hohen Zuspruch der Studierenden, soll auch in den kommenden Semestern wieder ein „Sicherheitspolitisches Forum am Wittelsbacherplatz“ stattfinden.