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Institut für Politikwissenschaft und Soziologie

Podiumsdiskussion zur Zukunft einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik

Unter dem Eindruck der anhaltenden Flüchtlingsdebatte luden die Professur für Europaforschung und Internationale Beziehungen an der Universität Würzburg sowie die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Würzburg am 9. Dezember 2015 zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „An den Grenzen Europas(?): Zukunft einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik“.

Das Podium im Hörsaal am Wittelsbacherplatz, in dem ca. 90 Zuhörerinnen und Zuhörer die Veranstaltung verfolgten, bildeten Brigitte Zepf (SPD Schwaig), Eva Peteler (Herausgeberin des Heimfocus-Magazins, Würzburg) und Joachim Menze (Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München).

Nach einigen einleitenden Worten von Johannes Greubel (JEF Würzburg) wurde unter Moderation von Frau Prof. Müller-Brandeck-Bocquet zunächst über die aus der momentanen Flüchtlingsbewegung resultierenden Herausforderungen für die Kommunen diskutiert. So wurde beispielsweise um Einschätzung von Frau Peteler und Frau Zepf zum vielzitierten „Wir schaffen das“ der Bundeskanzlerin gebeten, welches in „Wir müssen es schaffen“ umformuliert wurde. Beide Vertreterinnen der kommunalen Perspektive würdigten in diesem Kontext den Einsatz der ehrenamtlich engagierten Zivilgesellschaft und verwiesen darauf, dass diese Helfer momentan eine zentrale Rolle bei der Unterstützung all derer leisten, die in den letzten Monaten nach Deutschland kamen, um Asyl zu suchen. Insbesondere Frau Peteler betonte in diesem Zusammenhang aber auch, dass Ehrenamt vielmehr „flankierend tätig sein sollte“ und staatliche Strukturen nicht ersetzen soll und kann.

Bezüglich einer eventuellen Obergrenze wurden zwei zentrale Fragen formuliert: „In was für einer (Werte-) Gemeinschaft wollen wir leben?“ und „Was für eine Art von Gemeinschaft repräsentieren wir mit unserem gegenwärtigen Handeln?“. Eine Obergrenze für Einwanderung würde, so Peteler, eine Neuverständigung über europäische Normen und Werte erforderlich machen. Angesichts eines nicht absehbaren Endes der gegenwärtigen Flüchtlingsbewegung forderte Zepf „mehr Fantasie“ in Bezug auf Möglichkeiten, die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, sie zu integrieren, aber genauso mit Blick auf Lösungen und Wege, um die Flucht gar nicht erst notwendig werden zu lassen. So sollte zum Beispiel über ein europäisches Programm für Schutzzonen in Krisengebieten nachgedacht werden. Die enorme Relevanz wahrer Integration der Geflüchteten, insbesondere in den Arbeitsmarkt, wurde ebenfalls immer wieder betont. Im Hinblick auf die immer wieder zu beobachtende Gewalt gegenüber Flüchtlingen appellierte Brigitte Zepf an alle Vertreter der Kommunalpolitik und wies auf ihre Verpflichtung hin, die Bürger auf lokaler Ebene anzuhören, aber eben auch Akzeptanz und Verständnis zu schaffen, was klare und deutliche Worte und die Ablehnung rassistischer und fremdenfeindlicher Einstellungen erfordere. Dies sei eine „Herausforderung für alle Demokraten in unserem Land“.

Im zweiten Teil der Podiumsdiskussion wurde der Blick auf die europäische Ebene gerichtet. Kritik wurde an manchen der osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU geübt, die sich nur sehr eingegrenzt an der Aufnahme der Flüchtlinge beteiligen: „In der Not lernst du deinen Freund kennen“, so Peteler. Auf die Frage, inwiefern die momentane Situation das Potential hat, die Europäische Union zu spalten, zeigte sich Herr Menze durchaus besorgt. Er wies jedoch gleichzeitig auch auf die Fähigkeit der EU hin, an ihren Krisen zu wachsen und im Anschluss an Konflikte neue Mechanismen zu etablieren, um ihnen in Zukunft adäquater begegnen zu können. In diesem Zusammenhang plädierte Menze für die Vergemeinschaftung der Sicherung der Außengrenzen und damit des Schengen-Abkommens durch entsprechende Maßnahmen zur Stärkung von Frontex, beispielsweise durch das Schaffen einer European Coast Guard. So würde auch die europäische Exekutive gestärkt werden – unabdinglich für ein schnelles und flexibles Reagieren. 

Schließlich wurde die Diskussion auch für Fragen aus dem Publikum geöffnet und in Anschluss daran zum Weinempfang in das Foyer geladen. 

Text: Sarah Tell
Fotos: Junge Europäische Föderalisten