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Institut für Politikwissenschaft und Soziologie

Un/Sichtbarkeiten. Zur Kulturalisierung des Klassenbegriffs bei Pierre Bourdieu und Didier Eribon

29.06.2023

Im Rahmen des Institutskolloquiums sprach Björn Wiegärtner am 28.06.2023 zum Thema „Un/Sichtbarkeiten. Zur Kulturalisierung des Klassenbegriffs bei Pierre Bourdieu und Didier Eribon“.

Björn Wiegärtner vergleicht in seinem Vortrag ausgehend von seiner Masterthesis zwei prominente Vertreter des Paradigmas soziologischer Ungleichheitsforschung: Pierre Bourdieu und Didier Eribon. Sein Vergleich stellt die Frage, welche Formen sozialer Ungleichheit Bourdieu und Eribon in ihrer je spezifischen Herangehensweise sicht- bzw. unsichtbar machen. Betroffen sind hiervon nicht nur begriffliche, sondern auch methodische und methodologische sowie im weiteren Sinne politische Implikationen des jeweiligen Vorgehens. 

Im Ergebnis zeigt Wiegärtner, dass Bourdieus Zugriff über dessen eigene Kategorien erfolgt, wodurch insofern ein kritisches Potenzial freigesetzt wird, als das Ziel eine Desillusionierung und Aufklärung der (vermeintlich) wahren Zustände ist. Eribon dagegen setzt auf autobiographische und autoethnographische Quellen und stellt damit eher die Authentizität der Sprecherpositionen von Betroffenen in den Vordergrund. Als Repräsentationsinstanzen sozialer Ungleichheit werden Betroffene zu Sprachrohren der Strukturen, die selbst als „Mahnmal“ oder role model dienen sollen. 

Wiegärtner sieht in beiden Ansätzen eine je unterschiedlich konturierte Zusammenschaltung von Kultur und Klasse, die bestimmte Folgen und Implikationen hat. Beobachtet man auf diese Weise die Beobachter des Sozialen, kann man deren jeweilige blinde Flecke sichtbar machen. Wo Bourdieu sich Kritik in Bezug auf eine mögliche Vernachlässigung der Binnenperspektive ausgesetzt sehen könnte, entsteht gegenüber Eribon der Vorwurf, sich durch den Authentizitätsanspruch gegenüber Kritik zu immunisieren.

Auf diese Weise macht Wiegärtner an beiden Beispielen deutlich, welche Folgen die Wahl und Konturierung eines Bezugsproblems sowohl in begrifflicher wie auch methodischer Hinsicht haben. Geht es um den modus operandi soziologischer Theorie, bedeutet dies: Es lohnt sich, genau hinzuschauen! 

Wir bedanken uns herzlich bei Björn Wiegärtner für seinen Vortrag und allen Teilnehmenden für ihr Interesse.

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