Intern
Institut für Politikwissenschaft und Soziologie

Bundestagswahlen im Wandel der Zeiten - Institutskolloquium mit Prof. Dr. Jürgen W. Falter

Wie überraschend war das Wahlergebnis der Bundestagswahl im letzten Jahr? Was sind die Ursachen des Rückgangs der großen Volksparteien? Welche Wählerwanderungen haben stattgefunden? Als Prof. Dr. Jürgen W. Falter am 1.2.2018 zu Gast im Institutskolloquium war und zum Thema „Bundestagswahlen im Wandel der Zeiten: Wählerwille und Wählerauftrag und die Rolle der Demoskopie“ sprach, ging es um genau diese Fragen.

Falter, der zu den renommiertesten Wahl- und Parteienforschern des Landes zählt, überraschte das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 nicht. Zum einen hätten die Meinungsforschungsinstitute durchaus das Ergebnis der meisten Parteien relativ präzise vorhergesagt, mit Ausnahme des Einbruchs der CSU in Bayern. Zum anderen skizzierte er die längerfristigen Ursachen für den Wählerwandel in Deutschland, der durch eine Reihe von Faktoren geprägt sei. Dabei ging er vor allem auf Aspekte der Individualisierung ein. Durch das Abschmelzen der soziokulturellen Milieus brechen den großen Parteien ganze Teile ihrer Basis weg, Parteibindungen schwächen sich ab und das politisches Engagement sinkt stetig. Auch die Bildungsexpansion, so Falter, brachte einen entpolitisierenden Mentalitätswandel. Gleichzeitig konnte die AfD Themen besetzen, welche die anderen Parteien nicht glaubwürdig repräsentieren konnten. Sie schaffte es, viele Nichtwähler für sich zu gewinnen und Wähler von allen anderen Parteien abzuwerben.

In der abschließend lebhaften Diskussion beantwortete Falter Fragen zur zukünftigen Bedeutung von Wahlprognosen, seiner Einschätzung zu den Koalitionsverhandlungen und der abnehmenden Bedeutung des Ann-Arbor-Ansatzes. Als Quintessenz bleibt: Die Veränderung von Wahlen ist eine Konsequenz eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels, der sich bei den Wahlen 2017 stärker offenbart hat als bei vorherigen.

Text: Mira Weiss

Photos: Jan Künzler, Jasmin Hübner