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Institut für Politikwissenschaft und Soziologie

2018 Russian Spring Academy

Im Anschluss an die Summer Academy im vergangenen Juli in der Europäischen Akademie Otzenhausen im Saarland reisten zum sechsten Mal Studierende vom Institut für Politikwissenschaft und Soziologie zur Russian Spring Academy nach St. Petersburg. Gemeinsam mit Studierenden der Universität Bielefeld und Koblenz-Landau wurden wir von Studierenden und MitarbeiterInnen der St. Petersburg State University empfangen. Dabei konnte man sich auf ein abwechslungsreiches Programm unter dem Motto „To Learn from the Past for the Future: Memory Culture in Germany/EU and Russia and Common Challenges for both sides“ freuen.

Nach einem üppigen, traditionell georgischen Abendessen zum Kennenlernen startete das Seminar am nächsten Tag im Zentrum für Deutsche und Europäische Studien mit Vorträgen und Diskussionen zu aktuellen Themen, welche die deutsch/europäisch-russische Politik prägen. In den folgenden Tagen gab es Vorträge mit anschließenden Diskussionen, u.a. an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zu den Entwicklungen der russischen Wirtschaft seit dem Zerfall der Sowjetunion und zu sozialer Gerechtigkeit in Russland. Diese Veranstaltungen wurden an jedem Tag mit „Feldanalysen“ außerhalb der Seminarräume, in der Stadt abgerundet, sodass wir die Möglichkeit hatten, St. Petersburg aus vielen Perspektiven kennenzulernen: Als geschichtsträchtige Stadt mit all den pompösen Palästen und Kirchen, als urbane und junge Stadt mit vielen Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe und als Spiegel der russischen Gesellschaft. So stellten uns Petersburger DozentInnen und JournalistInnen „ihre“ Stadtteile vor, wir erkundeten das Urban Heritage sowie die Industriezonen St. Petersburgs und sprachen über Gentrifizierung.

Bei Besuchen von Gedenkstätten wurden zudem die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutschen und russischen Erinnerungskultur thematisiert. Vor dem Hintergrund des 100. Jahrestags der Oktoberrevolution im vergangenen Jahr waren die Ereignisse und ihre Auswirkungen natürlich auch Teil des Programms. So war es möglich einen detaillierten Blick auf die russische Geschichte und deren Auswirkung zu werfen – und mit St. Petersburg als Schauplatz vieler geschichtlicher Ereignisse Geschichte hautnah zu erleben.

Durch zahlreiche persönliche Kontakte bekamen wir einen Einblick in die Petersburger NGO-Kultur, durch den wir viele verschiedene Menschen kennenlernten. Sie engagieren sich in NGOs oder kommunalpolitisch für den Erhalt des kulturellen Erbes St. Petersburgs, für bezahlbares Wohnen oder gegen die Diskriminierung von Ausländern und LGBTI. Auch gab es in den Räumlichkeiten von „Memorial“ einen interessanten Vortrag zur schulischen Vermittlung historischer Ereignisse, die das kulturelle Gedächtnis Russlands geprägt haben. Hier erlaubte uns die Organisation Memorial, die nunmehr unter erschwerten Bedingungen – durch die Kennzeichnung als „ausländischer Agent“ – für die Aufarbeitung der stalinistischen Repressionen kämpft, auch exklusive Einblicke in ihre Arbeit.
Der Austausch mit den russischen Studierenden, erwies sich dabei ebenfalls als sehr interessant, sie eröffneten uns neue Perspektiven, auf gesellschaftliche und politische Themen in Russland, die man eher nicht bekommt.

Bei allen Unternehmungen schwebte das Thema des Seminars ständig über uns, jede Diskussion mündete in die Frage, wie man politische Konflikte als Gesellschaft überwinden und trotz zunehmender Distanz zwischen EU und Russland auf diplomatischer Ebene oder auf anderen Ebenen, vor allem in Bereichen Bildung und Kultur, zueinander finden kann.

Im Anschluss an die hochinteressanten Programmpunkte war dann noch genügend Zeit die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, um mit den sehr gastfreundlichen russischen Studierenden Zeit zu verbringen und sich auszutauschen.

Die Summer und Spring School finden auch in diesem Jahr wieder statt und sind eine Teilnahme wert. Hier geht es zur Ausschreibung.

Von Simon Klingel und Nora Sefa